Im Folgenden sind die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger des SVRSP-Preises (inkl. des Titels sowie einer kurzen Inhaltsangabe der ausgezeichneten Arbeiten) zu finden:

Preisträgerin 2022: Dr. iur. des. Angela Müller, M.A.

Titel der Arbeit:

States, Human Rights and Distant Stranger. The Normative Justification of Extraterritorial Obligations in Human Rights Law

Inhalt:

Die Dissertation widmet sich dem Thema der extraterritorialen Anwendung staatlicher Menschenrechtspflichten und kombiniert dabei juristische und philosophische Perspektiven. Die Frage, inwiefern Staaten auch dann an Grund- und Menschenrechte gebunden sind – oder diesen Pflichten ausweichen können –, wenn ihre Handlungen Auswirkungen auf Menschen ausserhalb ihres Territoriums haben, hat in Zeiten von Globalisierung und neuen Technologien eine Wichtigkeit und Dringlichkeit erlangt, die einer systematischen Herangehensweise bedarf. Die Arbeit widmet sich dieser Frage aus einer interdisziplinären Perspektive: Ein erster juristischer Teil analysiert die Rechtsnormen und die Rechtsprechung zur extraterritorialen Anwendung verschiedener Menschenrechtsregime auf nationaler, supranationaler und internationaler Ebene. Im nachfolgenden philosophischen Kapitel wird ein innovativer Ansatz gewählt und als erstes verschiedene Theorien und deren Argumente diskutiert, die sich gegen extraterritoriale Menschenrechtspflichten aussprechen würden. Auf Basis dieser Kritik erarbeitet die Autorin dann eine eigene ethische Rechtfertigungstheore von extraterritorialen Menschenrechtspflichten. Im letzten Teil folgt eine Synthese der beiden vorangehenden, die die erarbeitete Theorie auf die konkrete juristische Frage anwendet und damit ihre Konsequenzen für die Interpretation und mögliche Rechtsentwicklung des rechtlichen Menschenrechtsschutzes aufzeigt. Damit leistet die Dissertation eine theoretisch fundierte normative, ethisch orientierte Analyse der Grundlagen eines aktuellen und konkreten rechtlichen Problems und sie zeigt auf, wie dies zu einer grösseren Kohärenz in der juristischen Herangehensweise zur extraterritorialen Anwendung von Menschenrechten führen könnte.

In einer Welt, die nicht nur Staaten zahllose Möglichkeiten bietet, Auswirkungen auf „Distant Strangers“ im Ausland zu haben, sondern in der auch die Kritik an und der Widerstand gegen die allgemeine Idee der universellen Menschenrechte zunimmt, scheint diese Aufgabe von zeitgemässer Bedeutung.

Preisträgerin 2019: Dr. phil. Hannah Bennani

Titel der Arbeit:

Die Einheit der Vielfalt. Zur Institutionalisierung der globalen Kategorie „indigene Völker“

Inhalt:

Inuit, Karen, Maori, San und Yanomami – sie alle gelten als „indigene Völker“. Auf der Grundlage dieser Selbst- und Fremdbeschreibung treten sie als politische Akteure in Erscheinung und fordern (kollektive) Rechte auf Selbstbestimmung, Land und eigene Institutionen ein. Seit der Verabschiedung der UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker im Jahre 2007 sind diese auch international anerkannt. Wie aber institutionalisierte sich diese globale Kategorie? Wie fand sie Anschluss an den Diskurs um universelle Menschenrechte, obwohl dieser klassischerweise individualistisch ausgerichtet ist? Und welchen Einfluss hat diese Verbindung auf zeitgenössisches menschenrechtliches Denken? Aus einer Perspektive, die Klassifikationssoziologie, Weltgesellschaftsforschung und Soziologie der Menschenrechte verbindet, rekonstruiert die Studie die verästelte Globalisierungsgeschichte der Kategorie der „indigenen Völker“.

Preisträgerin 2017: Dr. iur. Saskia Stucki

Titel der Arbeit:

Grundrechte für Tiere: Eine Kritik des geltenden Tierschutzrechts und rechtstheoretische Grundlegung von Tierrechten im Rahmen einer Neupositionierung des Tieres als Rechtssubjekt

Inhalt:

Das Werk befasst sich in einem übergreifenden Sinne mit der zunehmend aktueller werdenden, rechtswissenschaftlich indes vernachlässigten Idee von Tierrechten und beleuchtet diese vor dem Hintergrund der Verdienste und Defizite des bestehenden Tierschutzrechts aus rechtstheoretischer Sicht. Auf der Grundlage einer rechtsethischen Kritik des geltenden Rechts wird der Vorschlag eines Paradigmenwechsels vom objektiv- zum subjektivrechtlichen Tierschutz formuliert. Eine solche Neukonzeption des Rechtsstatus und Rechtsschutzes von Tieren als (Grund-)Rechtsträger wird sodann mittels einer systematischen Analyse der relevanten rechtlichen Grundbegriffe – Rechtsperson, subjektives Recht, Grundrechte – im Hinblick auf deren Anwendbarkeit auf Tiere untersucht.

Preisträgerin 2015: Dr. iur. Christina Schlatter

Titel der Arbeit:

Lebenserhaltung in der Neonatologie. Entscheidungsbefugnis. Entscheidungsfindung. Entscheidungsverantwortung

Inhalt:

Dank der rasanten technologischen Fortschritte der Neugeborenenmedizin können heute schwer kranke oder viel zu früh geborene Kinder am Leben erhalten werden, welche früher unweigerlich gestorben wären. Trauriger Nebeneffekt der sinkenden Mortalitätsrate ist allerdings eine markante Zunahme an schweren körperlichen und/oder geistigen Schädigung, welche die überlebenden Kinder von ihrem schwierigen Start ins Leben davontragen und welche entsprechende Behandlungsentscheidungen zu einem moralischen, aber auch rechtlichen Dilemma werden lassen. Die vorliegende Abhandlung arbeitet die einschlägigen Rechtsgrundlagen solcher Entscheidungssituationen gesamtheitlich auf und stellt sie ausgewählten Regelwerken und Strategien der Praxis gegenüber. Hauptziel des Vergleichs bildet die Offenlegung und Eingrenzung gesetzgeberischen Handlungsbedarfs.

Preisträgerin 2013: Dr. iur. Anna Coninx (MJur Oxford)

Titel der Arbeit:

Das Solidaritätsprinzip im Lebensnotstand. Zufall, Verteilungsgerechtigkeit und rationale Entscheidung

Inhalt:

Die rechtsphilosophisch ausgerichtete Arbeit behandelt die Frage, ob in einer Notstandssituation ein Mensch getötet werden darf, um das Leben eines anderen Menschen zu retten – darf etwa ein von Terroristen gekapertes Passagierflugzeug abgeschossen und dürfen unschuldige Menschen getötet werden, um die Menschen am Boden zu retten? Nach herrschender Lehre ist die Tötung eines Menschen jenseits einer Notwehrsituation nicht nur rechtswidrig, sondern verstösst auch gegen ein moralisch tief verwurzeltes Fremdtötungstabu. Ausgehend von konkreten Fällen wird die Thematik grundlegend aufgerollt, wobei die Meinung der herrschenden Lehre in einer vielschichtigen Argumentation widerlegt und ein eigener, vertragstheoretischer Lösungsvorschlag entwickelt wird. Die Grundthese lautet, dass in spezifischen Konstellationen unter engen Voraussetzungen ein Mensch verpflichtet werden kann, seine Tötung zu dulden, damit das Leben eines anderen Menschen gerettet werden kann.